Sagenschatz aus Consdorf und Umgebung
Das Steinkreuz bei Wolper
An das Steinkreuz bei Wolper, am Ort,
wo früher eine Ziegelbäckerei war, knüpft sich eine grauenhafte
Geschichte, die auf Wahrheit beruht.
Es war vor 1815, als der Kreis Bitburg
noch zu Luxemburg gehörte, unter französischer Herrschaft. Da ritt
gegen Mitternacht bei bitterer Kälte in einem harten Winter ein
Gendarm nach Bitburg. Beim Wolpertkreuz geriet er in ein Rudel Wölfe,
die er mit dem Säbel vom Pferd herunter von sich abwehrte und in die
Flucht trieb. Ein zweites Rudel verfolgte ihn bald darauf, und als er
wieder zum Säbel griff, war durch das Blut die Waffe an die Scheide
festgefroren und er konnte den Säbel nicht ziehen. Das Pferd
scheute, warf den Reiter ab, und dieser wurde von den Untieren
aufgefressen, bis auf die Füße, die in hohen Stiefeln steckten. So
legte sich das Volk, wahrscheinlich mit einigen erfundenen Zusätzen,
das schreckliche Vorkommnis zurecht.
aus N.Gredt - Sagenschatz des
Luxemburger Landes
Wichtelcher zu Stoppelhof
Zwischen Konsdorfer Mühle, Dosterter Hof und Kalkesbach, etwa tausend Meter oberhalb Konsdorfermühle erstreckt sich das Feld der Wichtelhäusercher. Hier hausten die Wichtelcher, kleine Männlein, die den Menschen nur gutes taten. In obengenanntem Felde findet man wirklich kleine, unterirdische, aus einer Art von Ziegeln gebaute Wohnungen. Den Bauern, welche dort am Pfluge waren, teilten sie oft von ihrem feingebackenen Brote mit, indem sie ihnen heimlich ein Laibchen ans Ende der Furche legten. Heute sind alle Wichtelcher verschwunden.
aus N.Gredt - Sagenschatz des Luxemburger Landes
Auf dem Konsdorfer Bann gibt es einen
Ort, den man die Wichtelhäusercher nennt. Dort sollen unterirdische
Wohnungen gewesen sein, worin die Wichtelmännchen gehaust haben. Nun
geschah es eines Tages, dass ein Bauer eben über diesen Wohnungen am
Pfluge war. Auf einmal hörte er rufen. "Mama, back mir einen
Kuchen!" Der Bauer wiederholte den Ruf. "Back mir einen
Kuchen!" und als er die Umkehr gemacht hatte und an dieselbe
Stelle kam, fand er dort einen Kuchen auf einem Teller liegen. Als er
den Teller aufhob, vernahm er den Ruf. "Dieser Kuchen wird so
lange dauern, als kein anderer Mensch etwas davon erfahren wird."
Und in der Tat dauerte der Kuchen drei volle Jahre. Sowie ein Stück
davon abgeschnitten wurde, war die Stelle wieder ausgefüllt. Leider
konnte die geschwätzige Frau Bäuerin in Grevenhaus den Mund nicht
halten. Sobald sie aber der Frau Gevatterin das Geheimnis verraten
hatte, ging der Kuchen rasch zu Ende.
( Lehrer N. Schmit )
Das Honicks ( Honicht )-männchen zu
Consdorf
A. Das Honicksmännchen (vom Walde
Honick), anderwärts auch Schappmännchen genannt, war ein stattlich
ausgerüsteter Jägersmann und ritt ein feuriges Ross. Er erschien
gewöhnlich an den langen Herbstabenden und schreckte die in tiefen
Schlaf versunkenen Pferdehüter durch sein fortwährendes
Halli-Hallorufen. Auch war er von einer ganzen Meute Jagdhunde
begleitet.
( Lehrer N. Schmit )
B. In dem Walde Honicht bei Konsdorf
geht nachts eine riesige Jägergestalt um, der einige Hunde folgen.
Näheres weiß man nicht.
Das Goldfrächen bei Consdorf
B. In dem nunmehr verfallenen Schloss,
das in uralter Zeit auf Burgkopf bei Konsdorf stand, lebte die
verwitwete Burgfrau mit ihrer einzigen Tochter. Diese war gar bösen
Gemüts und forderte, noch ehe sie großjährig geworden und weil sie
sich vermählern wollte, ihr Erbanteil in klingendem Golde. Durch
beständiges Keifen und Lästern brachte sie die Mutter so weit, dass
diese die Tochter samt ihrer Kiste voll Gold verfluchte. Der Fluch
ging in Erfüllung und das Dorf Konsbrück (ehemaliges, nächst
Konsdorf gelegenes Dorf) versank mit der bösen Tochter. Dort haust
sie nun und wird von einem Drachen bewacht. Um Mitternacht entsteigt
die Schattengestalt der unglücklichen Jungfrau bei Vollmondschein
der Goldkaul, schwebt von Baum zu Baum und ruft nach Erlösung. Aber
nur wer im Stande der Gnade ist, darf es wagen, den Schlüssel der
Kiste aus dem Rachen des Drachen zu reißen und so die Jungfrau zu
erlösen.
(J. Engling, Manuskript, 53 )
C. Das Goldfrächen ist ein altes
Fräulein von Schloss Heringen im Müllerthal, das von ihrer Mutter
in einen Felsen, die sogenannte Goldkaul, verwünscht worden ist. Das
Goldfrächen trägt glänzende Kleider und ihre silberweißen Haare
reichen bis auf die Schenkel. Alle sieben Jahre erscheint sie an
einem unbestimmten Tage, um erlöst zu werden. Sie hat eine mit Geld
angefüllte Kiste, welche mit einem starken Schloss versehen ist. Auf
dieser Kiste lauert eine Schlange mit einem goldenen Schlüssel im
Maul. Wenn nun irgendein Sonntagskind diesen Schlüssel mit seinem
Mund aus dem Maul der Schlange nimmt, so ist das Goldfrächen erlöst
und er fährt sie zum Lohn mit allen Reichtümern als Braut heim.
( Lehrer N. Schmit )
Der Geist am Breitweiler Steg
Vor mehr als sechzig Jahren kam am
Breitweiler Steg, zwischen Breitweiler und Christnach, ein Geist, der
zur Strafe, dass er zu seinen Lebzeiten ein Trunkenbold war und
andere zu diesem Laster verleitete, allnächtlich Feuer und Funken
sprühend umgehen musste; dann sauste, brauste, flammte, rannte er
wutschnaubend umher und griff die Betrunkenen an, die an dieser
Stelle vorbeikamen. Er zerrte sie auf den Steg hin und rang mit
ihnen, um sie in den Bach (schwarze Ernz) zu stürzen. Zuweilen
geschah es, dass der Geist überwältigt wurde und in den Bach fiel;
dann war er plötzlich verschwunden und alles still. Stürzte aber
der Wanderer hinunter , dann stieß der Geist ein Hohngelächter aus
und klatschte in die Hände. Seitdem der Steg durch eine Brücke
ersetzt wurde, ist der Geist verschwunden.
(J. Engling, Luxemburger Land, 1883,
Nr. 36)
Schloss Heringen
Schloss Heringen, von dem nur mehr
wenige Spuren auf einem der das Müllerthal umgürtenden Felsen
vorhanden sind, soll im Besitze von Tempelherren gewesen sein, die
weit umher die Gegend durch ihre Streifzüge unsicher machten, die
Reisenden überfielen und ausplünderten und das arme Landvolk hart
bedrückten. Darüber entrüstet, beschlossen die Herren der
benachbarten Burgen, den Raubrittern aufzulauern und sie unschädlich
zu machen ; aber trotz aller Bemühungen gelang es ihnen nicht, ihrer
habhaft zu werden, Diese waren sämtlich beritten und hatten, um
allen Nachstellungen zu entgehen, ihren Pferden die Hufeisen verkehrt
aufgeschlagen, so dass, wenn man meinte, die Raubritter seien
ausgeritten, diese sich in Sicherheit hinter ihren festen Mauern
befanden und aller Angriffe der Feinde spotteten.
Eines Tages nahm sich ein Mann aus dem
benachbarten Befort, der aus der frischen Hufspur im Sande
geschlossen, die Räuber hätten ihre feste Burg verlassen, ein Herz
und ging auf Heringen zu. Doch wie er sich demselben näherte, kamen
die Räuber plötzlich heraus und wollten ihn umbringen, damit er sie
nicht verrate. Auf des Mannes flehentliches Bitten jedoch ließen sie
ihn frei unter der Bedingung, dass er sich durch Eidschwur
verpflichte, ihr Geheimnis, wodurch sie ihre Feinde über ihre
Bewegungen täuschten, nie einem Menschen zu verraten.
Kaum aber war der Mann in Freiheit
gesetzt, als er nachsann, auf welche Weise er die Räuber verraten
könnte, ohne seinen Schwur zu verletzen. Am darauffolgenden Sonntage
stellte er sich, als das Hochamt beendigt war und die Leute die
Kirche verließen, vor einen Grabstein neben das Kirchtor und
gebärdete sich derart, dass er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden
auf sich zog. Dann fing er, gegen den Stein gewendet, laut zu rufen
an :
Dir, o Stein, sag ich's allein,
Die Heringer sind heim,
Wenn man meint sie seien ein,
So sind sie aus;
Meint man aber, sie seien aus,
So sind sie ein,
Sie haben ihre Pferde das Hintere vorn
beschlagen.*)
Sofort rotteten sich die Bauern
mehrerer benachbarten Dörfer zusammen, bewaffneten sich mit
Heugabeln, Sensen usw., erstürmten das Schloss in Abwesenheit der
Tempelherren, plünderten es und nahmen die heimkehrenden Heringer
Herren gefangen, die nun den Lohn fü r ihre langjährigen Räubereien
erhielten.
*) Nach H. A. Reuland: Dir 0 Stein, sag
ich's allein, / Umsonst sind alle Schlingen, / Glaubt man, die Herren
von Heringen / Ritten aus, so reiten sie ein.
Sagenschatz der Untersauer von Al.
Steinmetz
Der Einsiedler in der Kalkesbach
Geht man vom Einsiedlerborn ungefähr
fünfhundert Schritte an der rechten Seite des Tales abwärts, so
findet man der Geizenbach gegenüber rechts am Wege die vielbekannte
Handlay, eine einsame grünbemooste Felswand, in welcher ganz
deutlich der Eindruck einer Hand zu sehen ist. Gegenüber dieser
Felswand steht auf der anderen Seite des Tales, dicht am Eingang der
Geizenbach und an der Ecke des Junkerbusches, eine Gruppe von elf
losgerissenen und einzeln für sich stehenden Felsen, unter denen
einer besonders emporragt und vom Volke "Hilay" oder
"Rammelay" genannt wird.
Von diesen Orten erzählt man folgende
schauerliche Sagen:
In der Kalkesbach lebte einst ein
frommer Einsiedler, der früher zu den Gefährten des Raubritters von
Heringen gehörte und mit diesem auf Streifzügen den Hirten das Vieh
weggenommen, die Reisenden überfallen und Dörfer und Gehöfte
geplündert hatte. Nachdem er auf diese Weise so manches Jahr der
Schrecken der Umgegend gewesen war, bekehrte er sich; und um von nun
an in stiller Einsamkeit Gott allein dienen zu können, entfloh er
heimlich von der Heringer Burg und zog sich in das wilde Walddickicht
der Kalkesbach zurück. Daselbst erbaute er sich in der Nähe des
gepriesenen Einsiedlerbornes eine ärmliche Hütte, die sich an
zerklüftete Felswände lehnte, und führte darin, von allen Menschen
unbekannt, viele Jahre lang unter Fasten und Beten ein strenges
Büßerleben.Der von Heringen aber war sehr aufgebracht über den
Flüchtling, der ihn so treulos verlassen hatte, und lebte zugleich
in der ständigen Furcht, dass vielleicht alle seine Frevel und
Schliche durch denselben enthüllt werden könnten. Deshalb beschloss
er, ihn heimlich beiseite zu schaffen und suchte ihn überall
heimlich auf, um ihn zu töten oder gefangen zu nehmen.
Als er nun eines Tages, auf Raub
ausgehend, oben am Junkerbusch vorbeiritt, traf er daselbst den
Einsiedler, und wie er dessen angesichtig geworden, sprengte er
pfeilschnell auf ihn zu und verfolgte ihn mit dem Schwerte in der
Hand. Dem Einsiedler, der nicht bewaffnet war, blieb bei dem Anblick
des Schrecklichen weiter nichts übrig als eiligst durchs Gesträuch
nach seiner Klause zu flüchten. Er wurde aber von dem Verfolger von
dem rechten Pfade abgeschnitten und geriet auf den kahlen Gipfel der
Rammelay, welche damals noch mit dem Rande des Berges zusammenhing.
Hier ward seine Lage verhängnisvoll; vor sich und zu beiden Seiten
gewahrte er hohe, senkrecht abstürzende Felswände, und hinter ihm
folgte der Ritter von Heringen mit erhobenem Schwerte; vor sich,
neben sich und hinter sich sah er den schrecklichen Tod. In dieser
Not kniete er nieder und erhob Arme und Hände flehend gegen
Himmel.Und wunderbar, eben in diesem Augenblicke, als der Ritter die
Felsenplatte bereits betreten hatte und das Schwert über das Haupt,
des bis an den äußersten Rand derselben hingeknieten Einsiedler,
hob, da riss sich die Rammelay krachend von dem Rande des Berges los
und zerspaltete sich in zwölf Teile. Das Felsstück, auf dem der
Einsiedler kniete, ward in Folge der gewaltigen Erschütterung über
der Kalkesbach hin bis auf die andere Seite des Tales geschleudert,
während die andern elf Teile stehen blieben. Auf dem höchsten
derselben befand sich eben, als der Einsiedler hinab zu sinken
begann, der Raubritter von Heringen, und da er im Laufe nicht
einhalten konnte, stürzte er ihm nach, schlug dabei, indem er sich
beim Fallen noch ergreifen wollte, mit dem eisernen Handschuh seine
fünf Finger in jenes Felsstück ein und sank darauf mit
zerschmetterten Gliedern unten am Fuße der Rammelay nieder. Der
Einsiedler aber war indessen auf der andern Seite des Kalkesbaches so
glücklich niedergesetzt worden, dass er ganz unversehrt geblieben
war und sofort heim nach seiner Klause gehen konnte.Noch jetzt ist
die hinterlassene Spur der eingedrückten Hand in dem Stein sichtbar:
und daher heißt die Stelle "bei der Hand" oder "bei
der Handlay" bis auf den heutigen Tag.
Die Entstehung von dieser merkwürdigen
Handspur wird aber auch vom Volksmund in folgender abweichenden Weise
erzählt:
Vor vielen Jahren lebte in der
Kalkesbach ein Einsiedler, der wegen seines überaus frommen Wandels
bei den Leuten der Umgegend das Ansehen eines Heiligen hatte. In
Wirklichkeit aber war der Mann Gottes ein Raubmörder und die Klause
sein Versteck. Er lauerte den Reisenden an den Wegen auf oder lockte
dieselben zu sich in die Klause, um sie zu ermorden und
auszuplündern. So trieb er es lange Zeit. Denn allen Verfolgungen
wusste er listig dadurch zu entgehen, dass er immer bloß fremde
Reisende überfiel, die nur vorübergehend das Gebirge
durchwanderten, während er die Bewohner der Umgegend nicht nur
verschonte, sondern auch durch das Trugbild einer übertriebenen
Frömmigkeit erbaute.Doch endlich kam der Tag, wo die gerechte Strafe
ihn ereilte.
Eines Tages hatte sich der Einsiedler
in die Consdorfer Mühle begeben, um den Müller und dessen Frau zu
einem Besuch einzuladen. Während er dort verweilte, traten zwei ganz
vornehme Reisende ein, die noch am selben Tage nach Echternach gehen
wollten, aber des Weges unkundig waren. Gleich bot sich ihnen der
Einsiedler als Führer an und begleitete sie unter erbaulichen
Gesprächen bis unten in die Kalkesbach. Als er nun mit ihnen bei der
Handlay angekommen war, zog er plötzlich ein scharfes Schwert unter
seinem Mönchsgewand hervor und fiel damit über dieselben her, um
sie zu ermorden.Aber auch die beiden Reisenden hatten Schwerter bei
sich, die sie unter den Mänteln verborgen hielten. Sie zogen
dieselben schnell und stellten sich tapfer zur Gegenwehr. Ein Kampf
auf Leben und Tod entspann sich und es gelang einem der Fremden,
während der andere parierte, dem Mörder die rechte Hand abzuhauen.
(siehe Bild) Nun bat dieser kniend um Frieden und Verzeihung. Beides
wurde ihm auch großmütig gewährt; doch einer der Reisenden hob
noch voll Entrüstung die abgehauene Hand auf und schleuderte sie
heftig an den nahen Felsen.Und siehe! Gott wirkte ein Wunder: das
Zeichen der Hand drückte sich dem Mörder zur Warnung in die
Felswand ein. Derselbe ging nun auch in sich, bekehrte sich
vollkommen und führte von nun an, als wirklicher Einsiedler, in der
Kalkesbacher Klause, ein hartes und erbauliches Büsserleben, bis ihn
endlich der Blitz auf dem Breitweiler Berg erschlug. Das weiße Kreuz
auf der Leck soll die Stelle bezeichnen, wo der Tod ihn so plötzlich
aus dem Leben riss.
Sagenschatz der Untersauer von Al.
Steinmetz
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