Römischer Fund nahe Consdorf

aus "Obermoselzeitung 1899-12-01"






aus " Luxemburger Wort " 1899

Consdorf, 28. November. — Wichtelmänner oder
ähnliche Leutchen aus der Familie der Zwerge waren
es gewiß nicht, welche die Bauwerke aufgeführt, von
welchen man vor einigen Tagen auf jenem Theil unserer
Gemarkung, der sich zwischen Alsbach unb Dosbach hin
erstreckt und „ Op de Wichtelhaisercher " genannt wird,
die Ueberbleibsel entdeckt hat. Die Steine nämlich,
welche zu dem Bau gedient, zeigen eine ungewöhnliche
Länge und Dicke, und die Menschen, welche dieselben
hantieret, müssen von mehr als gewöhnlichem Schlage
und dem Zwerggeschlechte weit über gewesen sein. Daß
in altersgrauer Zeit hier Hütten gestanden und Menschen
gehaust, davon gaben beredtes Zeugniß die Mauer-
trümmer, auf welche man bisweilen stieß bei Bearbeitung
des Bodens, sowie die sich an diese Stätte knüpfenden
Sagen, die im Gedächtnisse des Volkes bis auf unsere
Tage weiter gelebt und in allerlei Versionen rund gingen.
Daß aber Baureste in solchem Umfange vorhanden,
davon hatte niemnd eine Ahnung. Dem Zufalle blieb
es vorbehalten, die Rolle des Entdeckers zu spielen.

Ein Ackersmann stieß beim Pflügen, das er diesmal
vielleicht etwas tiefer vorgenommen, auf einen großen
Stein, der zweifellose Spuren der bildenden Hand des
Menschen aufwies. Nachgrabungen, die daraufhin an-
gestellt wurden, föderten eine Art Mauer von 17 Me-
ter Länge zu Tage, deren Steine jeder 1,90 M. lang,
0,70 M. breit und 0,70 M. tief ist, und daneben zwei
gleich große, kreisförmig ausgeführte Mauerwerks die
im Sichten einen Durchmesser von 3 M. haben. Ihren
Mittelpunkt bildet ein umfangreicher Stein. In der
Mitte seiner Oberfläche weist er eine Vertiefung auf,
worin man eine Menge Scherben von irdenen Gefäßen
vorfand. Keiner der Steine trägt irgendwelche Inschrift.
GZ kann nicht angezweifelt werden, daß man es mit
einem Baudenkmal der alten Römer zu thun hat, hatten
diese doch mehrere Niederlassungen in der Umgegend ge-
gründet, so eine solche, die befestigt war, in nächster Nähe
von hier, auf dem sog. „Burgkapp". Ob es indeß eine
Begräbnißstätte oder ein Tempel war, darüber erlaube
ich mir kein Urtheil. Die aufgefundenen Scherben, die
zweifelsohne von Aschenurnen herrühren, deuten wohl auf
die Begräbnisstätte hin, während die eigenartige Anlage
des Bauwerkes für einen Tempel spricht. 

?? lieber ben ??
weiteren Erfolg der Nachgrabungen, die Hr. Even, Ge-
meinderathsmitglied, vornehmen läßt, will ich die Leser
auf dem Laufenden halten.
(S. Z.)



ähnlich bei
Bürger & Beamten Zeitung 1899-12-02




aus "Ons Hemecht" 1900 von K. Arendt

Der römische Fund bei Consdorf

Die vielen römischen Substruktionen, Münzen, Urnen usw., die seit einer langen Reihe von Jahren auf den Höhenzügen rechts- und linksseits der "Schwarzen Ernz" gemacht wurden, sind beredete Zeugen von einer im 3. und 4. Jahrhundert ausgedehnten römischen Ansiedlung in dieser vom Marscherwald durchzogenen Gegend. Jedem Geschichtsfreund, der dieselbe einigermaßen durchforscht hat, sind nicht unbekannt :
a) die römischen Schanzen
  • bei Reuland ( Altburg ) > PSH 22 S171
  • bei Consdorf ( Burgkapp ) > PSH 19 S121
  • und bei Altrier ( Kaasselt )
b) der Tumulus bei Zittig > PSH 17 S165
c) die Gewölbe mit Aschenkrügen bei Pottaschhof
d)
  • die schon 1823 im Müllerthal aufgefundene römische Incerationsstätte;
  • die vor 8 Jahren ausgegrabenen Amphoren mit verbrannten Knochenresten
    > PSH 18 S167
  • die vielen römischen Münzen aus der Sammlung des Hrn Dr. Graf aus Echternach.
Als vorigen Herbst ( 1899 ) in mehreren Zeitungen von einem jüngst bei Consdorf gemachten rätselhaften Funde Meldung geschah und ich mich eben geschäftshalber in Echternach befand, beschloß ich, mit den Hrn R. Brimmeyer und Dr. Graf, die kleine Reise nach der Fundstelle zusammen zu unternehmen.- dieselbe liegt etwa 2 Kilometer von Consdorf, 3 Kilometer von Breidweiler und Chrisnach, und 4 Kilometer von Alttrier, auf einem nach NordWest leicht geneigten Berghange, am Ort genannt " bei de Wichtelchesheiser".
Die bis jetzt blosgelegten Baureste ( s. Skizze ) begreifen :
Die Fundamente zweier Rotunden von je 6m und 8m Durchmesser, und einer zur Bergseite dahinter liegenden 14,80m langen Mauer, welche mit den mutmaßlich anstoßenden Seitenmauern das Ganze in einem Viereck von 11m mal 16m umschlossen.
In ihrer ganzen Breite sind diese Fundamentmauern ohne Mörtel aus mächtigen, sauber behauenen Bergsteinen ( sogen. luxemburger Sandstein ) von 0,65m respektiv 0.75m Breite, 0,60m Höhe und 0,70m bis 2m Länge gebaut, die außerdem in der Langmauer mittels großer schmiedeeiserner 0,35 mal 0,08 m messender Klammern zusammengehalten sind.
Es ist dieses dieselbe gewaltige Cyklopentechnik, die an der Porta Nigra zu Trier so viel angestaunt wird. Sehr merkenswert ist ein im Zentrum der kleinen Rotunde befindlicher Haustein mit einer Art, auf der Kopfseite 0,25m tief ausgehöhltem, Sepulchrum.
In dem engen Zwischenraum der Rotunden befand sich ein Haufen Überbleibsel von zertrümmerten Urnen und Amphoren aus terra sigillata. Die trichterartig geformten Mündungen dieser Gefäße hatten offenbar den Zweck das Einfüllen zu erleichtern.
In nächster Nähe des Gebäudes waren ehedem Münzen aus der Zeit von Postumus bis auf Quintillus ( Tetricus II ) gefunden worden.
Welches mag nun wohl, zur Römerzeit, die Bestimmung dieses, in Form und Technik so eigentümlichen Gebäudes gewesen sein ?
Von vornherein dürfte das kostbare Material der besagten Fundamente, auf denen sich zweifelsohne, nach den üblichen Gepflogenheiten, ein ebenfalls aus Haustein konstruierter Oberbau erhob, so wie auch der erlesene Ton der so edel modellierten Gefäßreste, jede Deutung auf ein zu wirtschaftlichen Zwecken dienendes Bauwerk ausschließen. Für eine eventuelle Töpferei fehlen überdies die Überreste von Ton, von Kohlen und von Aschen, die sich anderswo, z. Bsp. in den Substuktionen der in Barbeln bei Trier aufgefundenen Töpfereien haufenweise vorfanden.
Noch unwahrscheinlicher scheint die Mutmassung, es könnte hier ein mit den stundenweit entfernten Befestigungen Alttrier's zusammenhängendes Vorwerk ( fort avancé ) gestanden haben ...
Aber welcher Art war denn schließlich das Gebäude ? Eine befriedigende Antwort dürfte sich sofort einstellen, wenn wir die Ähnlichkeit der Anlage mit den römischen Incerations-Stätten Italiens in Betracht ziehen. In der kleineren Rotunde erkennen wir sodann das Ustrinum , nämlich den Raum, in dem die Leichen zu Asche verbrannt wurden (hier scheinbar auf dem ausgehöhlten Zentralstein ), und in der größeren Rotunde das Columbarium, in dessen zahlreiche innere Wandnischen man die mit der gewonnenen Asche des Toten gefällten Urnen beisetzte und mit einem Deckel abschloß. Eine in einem verschütteten Ustrinum Italiens aufgefundene, in eine unverbrennbare Leinwand ( Asbestos ) gehüllte, verkohlte Leiche, verrät das Mittel, dessen man sich bediente, um die Mischung der Menschenasche mit den Kohlen und Aschenresten der Feuerung zu verhindern. Die gestossenen Knochenreste füllte man gewöhnlich in Amphoren ( obendraria vasa ). Zweifellos endete die kleine Rotunde gewölbeartig in einen Rauchfang aus, welcher das Ziegeldach des umschließenden viereckigen Gebäudes überragte.
Was mag schließlich aus den Hausteinen des Oberbaus geschehen sein, nach erfolgter Zerstörung ( wohl durch die Franken Ende des 3. oder Anfang des 4. Jahrhunderts ) desselben ? Unwahrscheinlich wäre die Annahme nicht, daß man dieselben zu den Fundamenten der primitiven christlichen Kirche zu Consdorf verwertet hatte.
Indem, meines Wissens, hierlands noch kein derartiges Columbarium mit Ustrinum gefunden worden ist, so kann die kulturhistorische Bedeutung des vorgeschriebenen Consdorfer Fundes nicht wohl in Abrede gestellt werden.
Die hochintressanten Baureste auf Staatskosten ganz ausgraben zu lassen und weiter zu durchforschen, dürfte angezeigt sein. Hoffentlich wird der Vorstand der historischen Abteilung des großherzloglichen Instituts hierfür die nötigen Schritte tun.
( K. Arendt , Luxemburg, Mai 1900 )

Anmerkungen  1998

Die vorgeschlagenen Ausgrabungen haben nie stattgefunden, wohl weil die zur Verfügung stehenden Gelder zu ergiebigeren Ausgrabungsstätten verwendet wurden.
Selbst die von K. Arendt benannte Stelle "bei de Wichtelchesheiser" ist den heutigen Einwohnern Consdorfs unbekannt und auf topographischen Karten nicht eingetragen. Auch konnten Spuren der beschriebenen Fundamente bis jetzt nicht relokalisiert werden.
Einziges Zeugnis dieses, nun 100 Jahre alten Fundes, bleibt also der zweiseitige Bericht des damaligen Staatsarchitekten. Vollständigkeitshalber sollen hier noch einige weitere Funde und Erkenntnisse aus dem Consdorfer Raum aufgezählt sein, die vielleicht im Zusammenhang mit dem Columbarium verstanden werden könnten.
  • Sechs Hügelgräber ( 8-10 m Diameter ) am genannten Ort " gebrannte Bösch", etwa 300m entfernt vom vermuteten Fundort des Columbariums.
    ( Stichgrabungen konnten ausser einem Metallring, der wahrscheinlich ein Holzgefäß umspannte, nichts zu Tage bringen )
  • Überreste eines Larentempels in Breidweiler ( 3km) ( > J. Engling)
  • Eine vermutete Römerstraße von Altrier, via Breidweiler, Consdorf Richtung Kalkesbrück, Lauterborn, Echternach, müsste unweit des Fundortes passiert sein.(>Engling, Meyers)
  • Römische Militärpräsenz im 2. bis 4. Jahrhundert auf den Feldschanzen von Burgkapp (Consdorf 2km) und Kaasselt ( Altrier 5km) gelten als erwiesen.
Am Rande sei noch erwähnt, daß besagte Stelle bis ins 19. Jahrhundert Vorwand zu " abergläubigen" Geschichtchen war. Man glaubte, daß hier "Wichtelcher" ( Zwerge) in unterirdischen Wohnungen hausten.
- Zufall oder intuitives Erfassen der damals noch verborgenen Fundstelle seitens der Bauernbevölkerung ?

TopoKarte        Luftbild Larebierg - Wichtenhaiser

ZDF Dokumentation

Kommentare

Beliebte Posts